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Wie stark beeinflusst meine persönliche Geschichte mein Leben?

Der Einfluss der persönlichen Geschichte auf die aktuelle Problematik meines Klienten zeigte sich heute einmal wieder im Coaching. Er kam mit der Fragestellung, ob er seinen Job wechseln sollte, da er darin sehr unglücklich war. Beim genauen Nachforschen wurde deutlich, hier ist Jemand unzufrieden und hadert darüberhinaus mit seinem Selbstwert. Was es ihm nahezu unmöglich machte, sich für Gehen oder Bleiben offen zu entscheiden. Und so nahmen wir eine wertvolle „Abzweigung“: Wir gingen auf die Suche woran es lag, dass sich das Selbstbild meines Gegenübers so duster färbte.

Hier muss ich sagen: Ich bin kein Fan von schnellen Zuschreibungen wie „das-hat-mit-der-Kindheit-zu-tun“. Und schon gar nicht ist es meiner Ansicht nach notwendig, ständig in unserer Vergangenheit zu wühlen – denn sehr Vieles können wir im Hier und Jetzt angehen wenn wir nur wissen, wie. Dennoch gibt es ganz klar Auslöser in unserer Vergangenheit, die einen deutlichen Fußabdruck im heutigen Denken und Verhalten hinterlassen können. Und solange wir nicht klar haben, was da los war, können wir im Heute manchmal keine echten, tragfähigen Veränderungen hinbekommen. Manchmal scheint es kurz besser zu werden und schwupps – befinden wir uns wieder in derselben Dynamik. Vielleicht kennen Sie das.

Im Coaching ist es eine trickreiche Aufgabe herauszufinden, welche Themen im Jetzt geklärt und mit konkreten Aufgaben versehen in die Veränderung gehen können. Und wobei wir in andere Ebenen gehen müssen, zum Beispiel in die Kindheit. Gerade beim Thema Selbstbewusstsein findet sich meistens ein oder mehrere Auslöser in unserer Vergangenheit: Seien es Eltern oder Lehrer/innen die uns negativ geprägt haben (manchmal ohne das zu wollen, manchmal auch sehr gezielt), oder seien es Erfahrungen die wir im Laufe des Lebens gemacht, aber nicht gut abgespeichert oder verarbeitet haben. Hier hilft es wirklich, die vergangene Situation noch einmal genauer anzusehen und auch mit dem Blick aus der Ferne neu zu verstehen – beziehungsweise die eigenen Rückschlüsse nochmal zu überdenken.

Ein Beispiel: Mein Klient hatte einen Vater, die in seinem eigenen Leben sehr unglücklich war. Dies äußerte sich unter anderem darin, dass er seinem Sohn immer wieder vor Augen hielt, dass das Leben eine schwierige Angelegenheit sei, und ohne große Aussicht auf Glück und Zufriedenheit zu leben wäre. Der kleine Junge nahm -weil er ein Kind war und Vater nunmal die Wahrheit sagt – das Ganze als wahr an. Hinzu kam, dass der Vater seine Frustration häufig an dem Sohn ausließ – er konnte quasi nichts recht machen. Daraufhin entstanden verschiedene Überzeugungen des damals kleinen Jungens : Ich bin nicht viel wert. Ich habe vom Leben wenig zu erwarten. Egal, was ich mache, es ist eh verkehrt. Das Leben ist ein anstrengender und wenig erfolgversprechender Kampf. Und weitere mehr. Sie waren ihm so sehr in Fleisch und Blut über gegangen, dass ihm selbst gar nicht auffiel, dass sie möglicherweise nicht stimmen könnten. Sie waren nunmal auch als Erwachsener seine Wahrheit. Solche Wahrheiten, das muss man verstehen, sind nicht unbedingt vollkommen bewusst. Wir tragen so manche Überzeugungen in uns, die wir nicht klar benennen könnten, sollten wir danach gefragt werden. Oder könnten Sie eine Liste von Ihren Überzeugungen erstellen, was das Leben selbst, Ihre Person oder das Denken über andere Menschen angeht? Nur wenige sind dazu differenziert in der Lage.

Aber unsere Überzeugungen wirken. Kraft und -machtvoll bereiten sie den Boden für unsere Schritte. Und so auch bei meinem Klienten.

Damit wird auch klar, warum mein Klient in seinem Job kaum Erfüllung finden konnte. Er hatte sich zwar eine hohe fachliche Kompetenz angeeignet. Außerdem war er brilliant in der Kommunikation. Er hatte enorm viele zusätzliche Ausbildungen und Qualifikationen erworben und auf den 1.Blick alles, was es für ein gesundes Selbstwertgefühl und einen tollen Job braucht. Im Blick auf seine grundsätzlichen Überzeugungen jedoch kam er einfach auf keinen grünen Zweig. Nachdem er diese kraftvolle Ursache der Unsicherheit und des sich-dauerhaft-am-falschen-Platz-Fühlens verstanden hatte, waren die neuen Schritte im Jetzt viel klarer: Es wurde deutlich, dass der aktuelle Job sehr gut zu ihm passte, er jedoch einige Gegebenheiten nachjustieren musste, Gespräche zu führen hatte und sich noch eindeutiger zu seinen Wünschen und Bedürfnissen zu positionieren hatte. Nachdem ich ihn durch diese Schritte (und die kurzen „Rückfälle“) begleitet hatte meinte er, es wäre ein kleines Wunder. Er hätte ein ganz neues Bild von sich und der Welt – und es kämen plötzlich auch Menschen und Situationen auf ihn zu, die ganz anders geartet waren als vorher: Früher behinderte ihn immer irgendetwas oder irgendwer. Nun brachten ihn Situationen oder immer mehr Menschen voran oder unterstützten ihn.

Das ist das Faszinierende dabei: Häufig müssen wir nicht endlos im Vergangenen verharren. Es genügt in vielen Fällen zu verstehen, was da los ist – was uns hindert oder blockiert. Und dann im täglichen Tun mit diesem Verstehen die Dinge anders angehen. Stolpersteine inklusive – und wieder aufstehen, nachvollziehen was los war und die nächsten Schritte gehen. Dann kann sich auch mal ein kleines Wunder ereignen.

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