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Widerborstigkeit

Widerstand – wie können Sie damit einen guten Umgang haben?

Na klar kennen wir das alles: Mal sind wir bei einem bestimmten Thema störrisch oder kompromissunfähig, wir können natürlich auch mal rechthaberisch oder dickköpfig sein. Was aber grundsätzlich dahinter steht, ist wichtig. Wir sind „dagegen“. Gegen was auch immer. Den völlig unsinnigen Termin für den gemeinsamen Ausflug, die Meinung Ihres Gegenübers, die unmögliche Regel im Haus, das Vorgehen Ihres Vorgesetzten, den ignorantischen Vorschlag des Partners bei der Urlaubsplanung. Und das ist doch auch unser gutes Recht, oder?

Beim genauen Draufschauen auf das Thema Widerstand gibt es jedoch drei grundlegende Kräfte in uns, die im Außen ein Stopsignal oder ein „Nein“ signalisieren. Und natürlich es ist relevant, diese zu kennen.

Die erste Grundkraft ist dass wir eine (in uns gut abgewogene und klar empfundene) Wahrheit wahrnehmen. Diese können wir in aller Ruhe und aus einer entspannten Überzeugung heraus kommunizieren. So kann mir der Termin für den geplanten Ausflug aus persönlichen Gründen nicht passen. Und ich kommuniziere dies dann in aller Ruhe und Klarheit.

Die zweite Grundkraft ist besserwisserisch und auf eine Art „von oben herab“ oder mit erhobenem Zeigefinger. Wir wissen es nun einmal besser. Möglicherweise gibt es auch eine moralisierende Seite an dem, was wir da denken – wogegen wir argumentieren.

Die dritte Grundkraft empfinden wir auch als Wahrheit, jedoch haben wir den Eindruck, diese Wahrheit oder Meinung kämpferisch durchsetzen zu müssen. Wir mobilisieren zusätzliche Energien. Wir meinen, dass wir zusätzliche Kraft benötigen, um anderen standhalten zu können, oder andere von unserer Wahrheit zu überzeugen. Dies bedarf aber mehr Kraft – da wir glauben, gegen andere nur mit Kampfeinsatz eine Chance zu haben. Und wenn wir noch etwas genauer hinsehen, so verstehen wir, dass dieser Impuls aus einem Anteil in uns kommt, der sich-unterlegen-fühlt: Aus dem Eindruck, dass wir, wenn wir einfach „nur“ unsere Meinung/Idee/Wunsch/etc. äußern, nicht durchsetzungskräftig genug sind. Aber ist das wirklich wahr?

    • Stellen Sie sich einfach vor, Sie haben ein Gegenüber, das bei der Lösungssuche zu einem Problem stur und bockig auf seiner Position beharrt. Egal, was Sie sagen – das Gegenüber bleibt bei seiner Haltung. Das mag für Sie sehr undurchdringbar wirken und vielleicht ist die Person voller Deutlichkeit präsent. Oder Sie spüren die Kraft dahinter, aber überzeugt Sie damit diese Person mit ihrer Position?
    • Oder Sie haben einen Gesprächspartner, der belehrend auf Sie einwirkend möchte mit seiner konträren Meinung – lässt Sie das ruhig und interessiert zuhören?
    • Wenn Sie im Gegenzug ein Gegenüber haben, das ruhig und klar seine Meinung, seine Idee oder seine Wünsche vertritt. Wie wirkt so eine Person auf Sie? Genau.

Und hier ist nun mal der Haken: Wir haben bei den ersten beiden Versionen gar nicht die Überzeugungskraft, die wir uns so sehr wünschen. Im Gegenteil. Wir setzen viel Kraft ein und erreichen eher Gegenwehr, Ablehnung oder Rückzug von unserem Gegenüber!

Woran liegt das? Destruktiv wirkender Widerstand kommt entweder aus dem moraliserenden kritischen Persönlichkeitsanteil oder aus einer kindlichen Energie. Eine klare Haltung jedoch ist eine erwachsene Kraft. In der kindlichen Energie fühlen wir uns instinktiv im Nachteil, unterlegen, müssen voll Power fahren – zumindest glauben wir das. Bei der moralisierenden hingegen meinen wir uns sowieso im Recht oder Überlegen. Bei der erwachsenen Kraft agieren wir aus innerer Klarheit heraus, manchmal ist es uns sogar egal, was das Außen dazu meint – wir sind einfach damit klar. Bei der kindlichen wie auch der moralisierenden Energie hätten wir (tief in uns) gerne das Okay oder das Verständnis des Außen als Feedback. Und darum kämpfen wir. Grob gesprochen: Die Kampfenergie geht also gegen das Außen und reagiert, die erwachsene Energie kommt aus dem Inneren, sie agiert.

Was also tun, wenn andere stur, uneinsichtig oder trotzig agieren?

Widerstand verändert sich nicht, wenn wir versuchen, mit den gleichen Mitteln dagegen vorzugehen. Also wenn wir ihn z.B. bekämpfen, dagegen-argumentieren, moralisieren, etc. Somit: Widerstehen Sie Ihren inneren Impulsen, gleich oder ähnlich zu reagieren.

Tun Sie das Gegenteil Ihrer instinkthaften Impulse: Versuchen Sie, den Widerstand des anderen zu verstehen. Stellen Sie (erst einmal sich selbst und dann wo passend auch dem anderen) diese Art von Fragen: Warum ist die Position dem anderen so wichtig? Wie kommt der andere zu dieser Einschätzung? Was ist der Hintergrund für diesen Wunsch, aus welchem Grund möchte das Gegenüber wohl genau das?

Das ist ganz ehrlich manchmal gar nicht so einfach. Einfacher ist es vielmehr, mit Gegenargumenten in eine Endlosspirale zu gehen. Einfacher ist es, den anderen als stur oder nervig oder ignorant zu bezeichnen und sich abzuwenden. Einfacher wäre es, selbst ärgerlich zu sein und nicht verstehen zu können oder wollen, was den anderen da reitet.

Aber wenn Sie Lust haben, sinn- und wertvoller zu reagieren (und die Herausforderndung schätzen):

  • Reagieren Sie verzögert
  • Atmen Sie einige Male in Ruhe weiter und hören Sie zu
  • Möglicherweise bemerken Sie, dass Zuhören Ihnen schwer fällt: Machen Sie sich dann klar, dass Sie mit Ihrer instinktgesteuerten Reaktion die Situation eher verschlechtern.
  • Fragen Sie dann nach. Mit dem Hintergrund, verstehen zu wollen – und zwar aufrichtig. Was ist der Hintergrund.., woran liegt es.., wie kommt es.., warum ist das für den andern wichtig.., etc?
  • Und dann hören Sie wieder zu. Oft genug meinen wir, dass wir mit Zuhören signalisieren, dass wir die Meinung teilen. Das ist ein aber ein Irrglaube. Zuhören bedeutet schlicht: Ich höre dich. Ich versuche nun, dich zu verstehen. Ich muss mit dem, was Du sagst nicht einverstanden sein (Das wäre dann die nächste Stufe).
  • Sollte es Aspekte geben, die Sie nachvollziehen können oder mit denen Sie eventuell sogar ganz einverstanden sind: Geben Sie dazu aktiv Rückmeldung. Sie werden feststellen: Allein durch Ihr Feedback zu Übereinstimmung verändert sich die Gesprächsdynamik positiv.
  • Machen Sie sich klar: Unterschiede in unserem Denken, der Wahrnehmung, den jeweiligen Interessen, Wünschen oder Zielen sind einfach auch normal. Sie müssen und können gar nicht ständig übereinstimmen.  Wichtiger ist: Legen Sie die sich unterscheidenden Aspekte jetzt ebenso auf den Tisch und schauen Sie gemeinsam weiter. Was fällt uns nun möglicherweise ein, wie wir mit den Unterschieden umgehen können? Der Fokus dabei liegt auf dem gemeinsamen Blick.

Ganz klar: Nicht alle Unterschiede, denen wir begegnen, können wir damit aus der Welt schaffen oder egalisieren. Und das ist auch gar nicht notwendig. Denn Vielfalt macht das Leben aus. So können Sie mit dieser Haltung so einige auftretenden Unterschiede im Denken möglicherweise auch besser stehen lassen. Und Sie finden zu einer Haltung des gegenseitigen Sich-sein-lassens. Und vielleicht auch manchmal zu innerem (und äußerem) Frieden.

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